Gästebuch des edlen Jahrgangs

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17292 Torsten
schrieb am 20. August 2019 um 20:34
Bringt es Tarantino nicht mehr? Nun ja, es ist ja ein persönlicher Spleen des Meisters, dass er nach seinem zehnten Film seine Karriere beenden will, bevor ihm irgendwann mal nichts mehr einfällt. Die Tatsache, dass er nun im Prinzip schon das zweite Mal im Wesentlichen die gleiche Schlußpointe benutzt hat, scheint etwas dafür zu sprechen, dass seine Befürchtung hier nicht ganz unbegründet ist. (Wir sind nach Tarantinos eigener Zählung im Übrigen schon bei Film Nummer Neun angekommen, weswegen nun eifrig spekuliert, was wohl der Abschluss wird: ein dritter Kill Bill oder der nächste Star Trek?)

Andererseits kreiste sein Kino schon immer ziemlich um sich selbst: Western, Gangster, L.A., Kung-Fu musikalischer Sixties-Flair, nur immer alles etwas anders zusammengesetzt. In der Tat fragte ich mich Samstag in der Schauburg lange Zeit, ob er den neuen Film vielleicht nur gedreht hat, um Tanzpartys und seine Lieblings Fernsehserien aus den 60ern nachinszenieren zu können. Ansonsten mäandert der Film erst mal die meiste Zeit ziellos umher und ohne Frage sind Szenen wie Brad Pitt fährt durch L.A., Margot Robbie schaut sich ihre eigenen Filme im Kino an und Leonardo diCaprio dreht eine Western-Serie allesamt ziemlich lang geraten. Wobei das bei Tarantino halt irgendwie auch immer schon als Stilmittel durchgeht. (Und bei den Brad Pitt Autoszenen gibt es von mir sowieso Pluspunkte für die Musik.)

Ein berechtigterer Kritikpunkt ist aber wohl, wie mein Vorredner schreibt, dass in diesem Teil des Filmes alles etwas belanglos wirkt. Einzig die Bruce Lee Szene sticht hier ein bisschen aus dem fluffigen Einerlei heraus.

Ich fand aber, dass der Film zum Ende hin noch die Kurve bekommen hat. Schon die Szene auf der Ranch der Manson-Hippies, bringt langsam etwas Spannung in die Handlung und am Ende darf natürlich das Tarantino typische Gemetzel nicht fehlen. Nachdem ich ein paar Artikel gelesen hatte, die sich peinlich bemühten, den Schluss nicht zu verraten, aber gleichzeitig alle auffällig daran erinnerten, dass es Tarantino mit der Historie nicht so genau nimmt, war es zwar keine große Überraschung mehr, was dort passierte, aber dennoch fand ich das Ende stimmig. Speziell die etwas melancholische Stimmung der Schlussszene: einerseits ein Happy End, aber schon der Filmtitel macht es ja nochmal überdeutlich, dass es sich um ein Märchen handelt. Ein Wunschtraum, dass das Kino, „Fehler“ der Geschichte richten kann.
(Wobei zwei kernige Cowboy-Jungs, die es diesen Hippie-Psycho-Tussies mal so richtig zeigen, hat schon einen seltsamen Unterton. In dem Zusammenhang ist es aber wahrscheinlich schon eine gute Idee, dass Tarantino der Versuchung widerstanden hat aus Charles Manson in dem Film einen charismatischen Bösewicht zu machen und ihn stattdessen mit einem einzigen Auftritt abspeist.)

Fazit: an seine Meisterwerke kommt der Film nicht ran, aber für Fans war doch ein bisschen was geboten. Ich vermute man würde Tarantino schon vermissen, wenn er seine Karriere an den Nagel hängt. Und wirklich viele auffällige Regisseure, die so ihren eigenen Stil pflegen gibt es leider auch nicht mehr. (Naja, Jarmusch dreht auch noch. Aber da fand ich seinen letzten Film auch fast wie eine Parodie auf einen Jarmusch-Film.)